Wieder einmal steht die herbstliche Radtour an. Weit von zu Hause wollen wir uns nicht weg bewegen – also wählen wir uns auch diesmal Angermünde als Ausgangspunkt für unsere kleine Reise aus. Der Weg durch die Schorfheide zur Mecklenburgischen Seenplatte wird uns zu vielen Orten mit guten Erinnerungen führen: 2011 sind wir von Berlin nach Kopenhagen, 2012 von Berlin nach Usedom geradelt.
Die Wetterprognose ist nicht so optimal – Mitte September mit Schauern und maximal 15° C -, das haut einen nicht vom Hocker. Wir nehmen das aber gelassen.
Der Rundkurs
Zum kaiserlichen Bahnhof
Unsere erste Etappe führt von Angermünde nach Joachimsthal. Das ist keine große Entfernung, aber wir sind ja erst auch nach dem Mittagessen losgefahren. Wir fahren den uns schon altbekannten Weg nach Altkünkendorf, um dann diesmal – für uns neu – den Grimnitzsee am Südufer entlang zu fahren. Schöne Ausblicke auf das große Gewässer sind selten vom Radweg aus; man muss schon direkt an den See fahren.
Spektakulär ist die Strecke nicht, denn wir sind sie schon öfters gefahren. Auch die Steigungen sind moderat. An dieser Stelle sei angemerkt, dass wir immer noch – trotz unseres fortgeschrittenen Alters (was jedenfalls aktive Radler anbegeht) – ohne elektrischen Antrieb fahren.
Im uns schon von vorher bekannten Joachimsthal – auch von unserer Radtour Berlin-Usedom – haben wir uns in einer netten Fahrradpension eingemietet, von der aus wir noch am späten Nachmittag einen Ausflug zum legendären Kaiserbahnhof machen.
Durch das Havelland an die Mecklenburgische Seenplatte
Dass die heutige Etappe so anstrengend sein würde, ist uns nicht bewusst. Gut – ich habe nicht viel Zeit zur Vorbereitung der Tour gehabt. Aber sorgfältig planen sollte man schon. Die Strecke ist jedenfalls eine Tortur, zumal ich einen neuen Ledersattel habe, der noch nicht eingefahren ist.
Haben wir gestern noch den kaiserlichen Bahnhof angeschaut, wollen wir uns heute des Kaisers Jagdschloss anschauen: Schloss Hubertusstock. Wir radeln also gemütlich nach dem Frühstück am Werbellinsee entlang und entscheiden uns spontan für eine Schlossbesichtigung (von außen). Ankunft am Schloss: Pustekuchen! Das Gelände gehört der bbw-gruppe in das man nicht ohne Weiteres hineinkommt, wenn man sich nicht angemeldet hat.
Wir stehen jedenfalls vor einem geschlossenen Tor – das umgebene Gelände ist durch einen Zaun abgegrenzt – Nüscht! Vor 11 Jahren konnten wir uns das sozialistische Jagdzentrum von Erich “Honni” noch live (zumindest von außen) anschauen.
Danach geht die heutige Tour wieder durch alt bekanntes Gelände: Natürlich sind wir auf dem Weg nach Kopenhagen auch in Zehdenick und Mildenberg gewesen.
Den Ort Mildenberg kennen wir schon lange: kurz nach der Wende haben wir fast jedes Wochenende mit unseren Kindern Ausflüge auch in das weitere Umland gemacht. Die damalige, abgewickelte Ziegelei wurde von Ehrenamtlichen zu dem heutigen Erlebnispark entwickelt.
Auf unserer heutigen Tour haben wir vielfach mit den nicht selten in Brandenburg typischen Schwierigkeiten zu kämpfen: Man muss häufig durch Tiefsand-Strecken fahren bzw. schieben. Das bremst uns ordentlich aus und verzehrt Kräfte. Besonders erkennbar gegen Ende des Höhenprofils, wo man sieht, dass es zwar mäßig, aber dafür lange bergauf geht.
Der Gasthof am Ziel in Burow bietet uns nicht nur einen schönen Ruhepunkt,sondern serviert uns ein prima Mahl mit frischen Zutaten aus der regionalen Küche zu relativ moderaten Preisen. Wir befinden uns hier im Naturpark Stechlin-Ruppiner Land.
Am Stechlin vorbei nach Neubrandenburg
Am dritten Tag fahren wir bei herrlichem Sonnenschein – allerdings bei nicht allzu hohen Temperaturen – weiter in Richtung Norden durch tiefe Wälder nach Fürstenberg (Havel). Touristisch gesehen muss man die Stadt in das Gebiet Fürstenberger Seenland einordnen, denn hier gibt es eine Menge zu sehen und zu erleben – man kann sich hier aber auch erholen. Auch diese Stadt haben wir schon einmal anlässlich unserer Radtour Berlin-Kopenhagen besucht.
Das Streckenprofil ist auch heute ziemlich anspruchsvoll, aber es sieht auf der Grafik schlimmer aus als es sich in der Natur anfühlt: Vielleicht haben wir durch die vergangenen Tagestouren unsere Kondition verbessern können – vielleicht spielt auch das schöne Wetter eine Rolle.
Die Mahn- und Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Ravensbrück muss man unbedingt einmal besucht haben; wir waren schon kurz nach der Wende dort. Ravensbrück war das größte Frauen-Konzentrationslager auf deutschem Gebiet.
Hinter Fürstenberg durchqueren wir das Naturschutzgebiet Thymen uns schauen uns im Dorf Althymen die nur noch rudimentär bestehende Dorfkirche und den schönen Kräutergarten des Ortes an.
Schönes Wetter ist relativ… Ca. 20 km vor Neubrandenburg gelangen wir an eine Stelle, wo uns das Navigationssystem einen Weg vorschlägt, der nicht unbedingt empfehlenswert erscheint: eher ein Fußpfad mit vielen Wurzeln, matschig usw. – jedenfalls nicht unbedingt mit schwerem Gepäck befahrbar. Wir nehmen einen Imbiss aus unseren Vorräten und überlegen. Gleichzeitig ziehen plötzlich schwarze Wolken auf, Wind treibt Laub vor sich her, es sieht nicht gut aus. Und plötzlich fängt es an, heftig zu regnen. Wir fahren trotz Regen los und nutzen jede Möglichkeit, uns unter Bäumen und Hecken vor dem Regen zu schützen – unsere Regenkleidung haben wir inzwischen angezogen. Das Navi empfiehlt uns einen Umweg von noch einmal 15 km, die wir nicht fahren wollen. Ich navigiere mich selbst nach meiner Nase: und liege richtig! Auf angenehmen Straßenuntergründen kommen wir rasch voran, der Regen hört auf, die Sonne kommt wieder hervor und endlich radeln wir nur noch bergab nach Neubrandenburg.
Wendepunkt Neubrandenburg
Neubrandenburg war für mich bislang ein weißer Fleck auf der Landkarte. Ich konnte es in etwa geografisch platzieren, aber nichts inhaltlich damit verbinden. Am Abend zuvor hatte ich mich allerdings im Internet schnell schlau über unser nächstes Tagesziel schlau gemacht. Zum Hotel mussten wir allerdings nach langer Talfahrt erst einmal wieder stark bergauf.
Die Stadt ist geprägt durch viele Hochhaussiedlungen im Stil der typischen DDR-Platte. Lediglich in der Innenstadt ist noch viel Altes erhalten. Neubrandenburg wird auch die Vier-Tore-Stadt wegen ihrer noch erhaltenen Stadttore genannt.
Wir kommen in einem Selbstbedienungshotel unter. Schlüssel gibt es per Code über eine Buchungsapp. Als alter Mensch habe ich das allerdings verschlafen und muss telefonieren. Klappt! Zimmer ist ok, Sauberkeit ist super! Schlafstätte rückenkonform…
Entspanntes Radeln
Die heutige Etappe ist völlig unspektakulär, weil sich nichts Außerordentliches ereignet, weil auch selbst die Strecke nichts Besonderes bietet, außer den Bahnradweg am Ende. Der deutliche Anstieg in der Grafik stellt sich in der Praxis nicht so gravierend dar wie es in dem Bild erscheint.
Am Vormittag radeln wir bei (nahezu) in Schauern regnerischem Wetter immer bergauf. Inzwischen haben wir uns zwar eingefahren, merken aber, dass es uns nicht leicht fällt, eine adäquate Reisegeschwindigkeit im Vergleich mit früheren Radtouren zu halten. Ich meckere nach jeder Steigung, die ich nicht hochfahren, sondern schieben muss. Der Gedanke an ein Pedelec wird Gestalt!
Unterwegs treffen wir unverhofft auf einen kleinen Lenné-Park, der aber leider wegen Astbruch-Gefahr für Besucher gesperrt ist. Schade.
Gegen späten Mittag haben wir die höchste Hürde überwunden und gelangen auf den Radweg Spur der Steine. Ein toller Radweg, weil er auf einer ehemaligen Bahnstrecke verläuft, die einst stillgelegt und später in einen Radweg verwandelt wurde. Hier sind wir schon 2020 auf unserer Radreise durch die Uckermark entlang geradelt. Nach einiger Quälerei geht es nun entspannt durch eine schöne Landschaft mit viel Wald.
Am späten Nachmittag erreichen wir Templin und begeben uns nach einer kurzen Kaffeepause in unser Hotel am Lübbesee. Es präsentiert sich uns als ein riesiger Koloss in Plattenbauweise – echt DDR. Unser Zimmer – zu einem ausgesprochen sehr gehobenen Wochenendpreis in der 7. Etage ohne Balkon – ist sehr sauber und geräumig. Aufgrund der hohen Auslastung am Wochenende bekommen wir keinen Platz im Restaurant mehr; ersatzweise fahren wir wieder in das Zentrum von Templin und speisen fürstlich zu angemessenen Preisen wie bereits vor zwei Jahren.
Auf der Zielgeraden Richtung Angermünde
Das Frühstück im – für uns gefühlten – Luxushotel ist bei hoher Belegung gut organisiert, das Frühstücksbuffet ist reichhaltig. Wir begeben uns relativ früh wieder auf die Piste, denn wir wollen von unserem Radelziel Angermünde direkt wieder nach Berlin fahren.
Wir folgen zunächst dem Uckermärkischen Radrundweg, bis wir schließlich an den Radweg Berlin-Usedom gelangen. Von hier ist es nicht mehr weit bis zu unserem (Zwischen-) Ziel Berlin.
Nachbetrachtung
Auf dieser Radtour ist uns – nach einem besonders stressigen Jahr – bewusst geworden, dass man mit zunehmendem Alter nicht mehr so viel Leistung bringen kann wie man es aus früheren Zeiten gewohnt ist.
Als Gewohnheitsradler stelle ich fest, das viele Radfahrer, die nicht elektrisch fahren, wesentlich schneller an mir vorbei fahren, und ich keine Chance habe, sie einzuholen.
Obwohl ich immer gegen die Benutzung von E-Bikes war, muss ich doch zugeben, dass es unter bestimmten Situationen oder in Bestimmten Fällen nicht unangebracht ist, sich elektrisch antreiben zu lassen.
Das war für mich auch der Anlass, mir ein E-Bike zu kaufen. Ich benutze es allerdings nur, wenn ich größere Touren unternehmen will – hier in Berlin fahre ich in der Regel mit “Bio”-Antrieb.